Die Vertrauensgruppe macht Lobbyarbeit für Pflegekinder
Die Vertrauensgruppe der Pflegefamilien vom St. Elisabeth-Verein setzte heute am 20.08.2018 ihre Treffen mit Politikern fort. Wir berichteten schon in einem Magazinbeitrag darüber. Heute ist Handam Özgüven (Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis 13 – Marburg Biedenkopf) zu Gast. Frau Özgüven ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht. Sie ist seit Dezember 2015 im hessischen Landtag. Sie hat sich stark dafür eingesetzt, dass die Kinderrechte in der Novellierung der hessischen Verfassung einen Niederschlag finden. Dies scheint zu gelingen.
Drei Vertreter berichten…
Für die Vertrauensgruppe berichten stellvertretend der Sprecher Heinz Jürgen Schleich, Ernst Prall, Uwe Wüst und Wilma Jung über ihre die Tätigkeit als Pflegefamilie. Insgesamt lebten oder leben in den anwesenden Pflegefamilien 15 Pflegekinder.
Ziel des fachpolitischen Austauschs ist es, die Politiker für die Themen Care Leaver, Pflegekinder mit Behinderung verbunden mit dem Wechsel zum überörtlichen Träger der Eingliederungshilfe und zum Heranziehungsbeitrag für Jugendliche in Ausbildung zu sensibilisieren.
Aus dem Leben von Pflegefamilien und Pflegekindern
Herr Schleich erzählt von den bisherigen Aktivitäten der Vertrauensgruppe. So war z.B. Ernst Prall für die Vertrauensgruppe aktuell bei der Anhörung zum Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im sozial- und integrationspolitischen Ausschuss. Dazu gab es einige Schreiben der Vertrauensgruppe an die Petitionsausschüsse des Landes und des Bundes zu den oben genannten Themen.
Seine Erzählfluss gefunden, spricht Heinz Jürgen Schleich gleich von einem realen und aktuellen Beispiel: Sein heute erwachsener und in Ausbildung befindlicher Pflegesohn hat in der nächsten Woche eine Termin bei der wirtschaftliche Jugendhilfe seines zuständigen Jugendamtes. Es geht um Heranziehungsbeitrag von seinem Ausbildungsgeld. Aufgrund seines Alters möchte er selbst zum Mitarbeiter des Amtes gehen.
Er nimmt die beiden Antworten des Petitionsausschusses mit. Ziel ist es, dass die wirtschaftliche Jugendhilfe nur 50% seiner Einkünfte einbehält. Diese Regel soll auf Bundesebene durchgesetzt werden, so die Aussage im Antwortschreiben des Petitionsausschusses auf Bundesebene.
Lobbyarbeit für Pflegekinder – positive Resonanz von Frau Özgüven
Frau Özgüven ist beeindruckt von dem Einsatz der Pflegefamilie, vor allem auch vom emotionalen Engagement für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen.
Uwe Wüst erzählt von seinen ersten beiden Pflegesöhnen, die mit einer geistigen Behinderung zu ihnen in die Familie gekommen sind. Aktuell leben sie in einer beschützenden Einrichtung und sind heute 30 und 26 Jahre an. Einer der beiden lebt im Bereich des Betreuten Wohnens. Der Auszug damals verzögerte sich aufgrund von baulichen Maßnahmen in der Einrichtung. Das Jugendamt machte dem zuständigen Sozialarbeiter Druck, damit der Junge zwischenzeitlich in eine Einrichtung kommt. Die Familie konnte diese Haltung überhaupt nicht verstehen und wäre der Sozialarbeiter nicht so engagiert gewesen, dann wäre die Gefahr einer Retraumatisierung gegeben. Und wir haben uns in unserem Engagement nicht wertgeschätzt gesehen.
Partner auf Augenhöhe – das wünschen sich Pflegefamilien
„Wir kommen uns als Pflegefamilien oft als Bittsteller vor, obwohl wir nur das Beste für die Kinder wollen. Wir wünschen uns eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Und wir kennen die Situation, dass schon 16 jährige Jugendliche einen Bogen vom Jugendamt bekommen, wo sie sich einschätzen soll, was sie schon alles können. Es wird indirekt Druck gemacht, dass die jungen Menschen früh aus der Hilfe kommen. Und wenn 75 % einbehalten werden, dann können die jungen Menschen gar nichts ansparen für den Übergang in die Selbstständigkeit. Es ist einfach unfair, wenn eh schon benachteiligte Pflegekinder im Vergleich mit ihrer Peergroup die Erfahrung machen, dass sie zurückstehen.“
Wie wird die Zukunft werden?
Frau Jung berichtet davon, dass sie aus ihrer Arbeit als sozialpädagogische Fachkraft weiß, wie sensibel die Übergänge sind und wie schnell diese schief gehen können.
Ihre beiden Pflegekinder sind mit 11 und 12 Jahren gekommen und das aus einer Zeit der vielen Wechsel und einer Odyssee in anderen Hilfeformen. Und jetzt fangen sie langsam an, sich in das Familienleben zu integrieren. Heute sind sie 15 und 16 Jahre. Beide bekommen eine Rente aus dem Opferentschädigungsgesetz. Das Eis ist wirklich dünn.
„Und ich mache mir heute schon Gedanken dazu, wie der Übergang gut gelingen kann. Für die beiden wünsche ich mir, dass es auch mit dem zuständigen Jugendamt und eventuell weiteren Kostenträgern zu einem guten Weg kommen kann.“
Frau Özgüven kann alle Aspekte gut verstehen. Sie wäre gerne im sozial- und integrationspolitischen Ausschuss und wird sich bei einer Wiederwahl in ihrer Fraktion dafür bewerben. Das Thema interessiert sie aufgrund ihrer fachanwaltlichen Qualifikation in Familienrecht sehr. Für heute verspricht Sie den Pflegefamilien, dass sie ihre Anliegen gerne an die fachpolitischen Sprecher weitergeben wird.
„Würden die Jugendämter die Übergänge der jungen Menschen sanfter und einfühlsamer gestalten, dann hätten viel junge Erwachsene deutlich bessere Chancen und Möglichkeiten für die eigene Selbstständigkeit“,
sagen Uwe Wüst und Heinz Jürgen Schleich zum Abschluss.
Und Frau Jung bringt es auf den Punkt:
„Es geht um kleine inhaltliche Felder, jedoch mit einer großen Wirkung auf die jungen Erwachsenen und ihre Zukunft“
Alle sind sich einig wie wertvoll der gemeinsame Termin für das bessere und gegenseitige Verständnis war.
Möchten Sie Pflegefamilien beim St. Elisabeth-Verein werden, dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf! Hier ist der Link!